murhardsche
2005

Im 19. Jahrhundert stifteten Friedrich Wilhelm August Murhard und sein Bruder den Kasseler Bürgern die Murhardsche Bibliothek. Dort fotografierte ich eine Woche lang alle Besucherinnen und Besucher, die dazu bereit waren. Nun würde man vielleicht erwarten, dass Nutzerinnen und Nutzer von Bibliotheken möglicherweise einem ganz bestimmten Menschenschlag entsprechen würden: belesen, eher zurückgezogen, eventuell nicht bedacht auf Äußerlichkeiten. Aber das Ergebnis meiner Bestandsaufnahme zeigt, dass eine solche Einschätzung der Wirklichkeit nicht standhält. Tatsächlich traf ich dort auf alle möglichen Menschen. Von der Pizzalieferantin über den Bodybuilder hin zum Hiphopper. Die Fotografierten waren schüchtern, gelassen, zurückgezogen, offen, reserviert, enthusiastisch und manchmal gleichgültig. Die Bibliothek entpuppt sich als alltäglicher Ort, der alle Facetten menschlicher Charaktere umfasst und steht damit in der murhardschen Tradition eines aufgeklärten Liberalismus.

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